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Samstag, 16. September 2023

An jeder Station eine andere Meinung, während verführerisch die Steaks duften

Da war diese Entscheidung am Anfang. Gehe ich der Duftfahne vom Steakhouse hinterher oder biege ich doch ins Sportstudio ab? Ich konnte den inneren Schweinehund überwinden und kehrte tatsächlich ins Sportstudio ein. Ich plumpste nach dem Umziehen auf den ersten Sitz und drückte diese verklemmten Stangen zusammen, bis eine dominante Stimme aus dem Lautsprecher mich aufforderte. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Meine Gedanken enthemmten sich. Single sein, ist gar nicht so schlecht. Ich kann mir den Tag freier gestalten und wieder shoppen, ohne dass gleich jemand meckert. Am Abend allein sein, ist die schwierigste Phase, aber ich habe eine Menge Freundinnen, mit denen ich abends telefoniere. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Gut, dass ich meine Arbeit habe. Der Alltagstrott hilft mir beim Bewältigen des Liebeskummers. Gestern erst habe ich ein Buch über Trauer bei Trennungen gelesen. Danach ging es mir aber schlechter. Ich glaube, ich werde das Buch verschenken. Am besten jemanden, den ich nicht leiden kann. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Singles sollen ja nicht so lange leben, habe ich mal irgendwo gelesen. Das ist auch nur Quatsch. Ich kenne auch Paare, die sich das Leben gegenseitig zur Hölle machen. Dann doch lieber allein sein. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Die Trainerin hat mich vorhin gefragt, wie es mir geht. Was soll ich da antworten? Beschissen wäre ehrlich, aber die Wahrheit will sie bestimmt nicht wissen. Dann würde sie nicht mehr so grinsen. Ich verstehe überhaupt nicht, wie Leute den ganzen Tag rumgrinsen können. Einmal am Tag muss man doch mindestens schlechte Laune haben, oder? „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Eigentlich bin ich hier, um meinen Bauch weg zu trainieren. Der war mit den Wechseljahren einfach so dazu gekommen. Fünfzehn Kilo hatte ich auf einmal mehr. Ich habe sie nicht bestellt. Und ich esse so wie immer. Noch weniger essen kann ich mir einfach nicht vorstellen. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Die Trainerin hatte mir letzte Woche einen Ordner in die Hand gedrückt. Wenn ich abnehmen möchte, sollte ich diesem Ernährungskonzept folgen. Strichlisten soll ich für jedes Essen machen. Einen Strich für jede Kartoffel, jedes Stück Brot usw. Da macht einem das Essen doch gar keinen Spaß mehr, immerzu Strichlisten. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Letzte Woche haben wir einen Check-up gemacht. Ich habe immerhin ein Kilo abgenommen. Das heißt, dass noch 14 Kilo fehlen. 14 Kilo ist 'ne Menge. Stimmt, ich nehme ja noch diese Tabletten. Wenn die nicht wären, hätte ich wahrscheinlich nicht so stark zugenommen. Aber die Tabletten kann ich noch nicht absetzen. Es ist ein Teufelskreislauf. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Oh, nein, jetzt weht wieder diese Duftfahne vom Steakhouse, das gleich neben dem Sportstudio ist, verführerisch herein. Wie soll ich denn da ruhig und konzentriert meine Übungen machen? Ich denke wieder an die Strichlisten, aber auch an ein schönes saftiges Steak. In Gedanken beiße ich in ein Steak. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Was mein Ex-Mann wohl gerade macht? Ich scheuche den Gedanken fort, da ich spontan schlechte Laune bekomme. Es geht doch noch mehr als beschissen. Vor allem, wenn ich an seine jüngere Frau denke. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Gut, dass sie im Sportstudio Musik spielen. Das lenkt ein bisschen ab. Und es hat den Vorteil, man macht die Übungen im Takt. Ich versuche es zumindest. Diese Übung mache ich total gerne. Ich mache einen Kick auf dem Stepper, einen Schritt zurück und dann noch einen Wiegeschritt und erneut einen Kick. Dann kommt der Seitenwechsel. Es ist ein wenig wie tanzen. Ich war schon lange nicht mehr tanzen. „Bitte wechseln Sie jetzt die Station!“ Ich reiße mich aus meinem Sitz und stürme in die Umkleidekabine. Ich renne aus dem Sportstudio, vorbei an einer Trainerin, der die Kinnlade nach unten klappt. Endlich weiß ich, was ich tun werde. Na, wissen Sie es auch? Richtig, meinem Ex-Mann gehörig die Meinung geigen und dann mit meinen Freundinnen eine heftige Tanzsession abhalten. „Bitte wechseln Sie jetzt Ihre Meinung!“ schwirrt mir durch den Kopf. Aber vorher noch ein Steak.

Mittwoch, 8. März 2023

Mein Autoren-Ballettröckchen kneift - eine Anekdote von Frau G.

Ich bin in Elternzeit. Und das nun zum dritten Mal. Misses Knutschknödel ist der blondgelockte, jüngste und frechste Spross unseres Familienclans und fast drei Lenze alt. Bisher war ich bei einem namhaften Softwareunternehmen im Süden Deutschlands arbeiten und habe Softwaredokumentation in allen Größen und Farben in liebevoller Handarbeit gefertigt. Aber ich habe einen Traum. Ich will Autorin werden, und das möglichst während der Elternzeit. Etlicher Schweiß ist schon in zahlreiche Manuskripte geflossen und so warte ich nun täglich auf DEN Anruf. Ich warte auf den Anruf vom Verlag. Übrigens, ich heiße Gerlinde Gans, kurz Frau G. Und mein Motto ist: Gans oder gar nicht. Mein Göttergatte ist nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen, selbst dann nicht, wenn der Bankberater Herr Saft wegen der Dispo-Überziehung anruft. Für Herrn Saft bin ich übrigens die Hausfrau. Das hat er beim letzten Beratungsgespräch mal wieder zum Besten gegeben. Angeblich gibt es keinen Eintrag im Auswahlmenü, der Elternzeit heißt. Herr Saft versucht, da ich drei Kinder habe, verzweifelt seit einigen Monaten mir eine Riester-Rente aufzuschwätzen, aber es gelingt ihm nicht. Inzwischen haben wir Oktober. Wie immer waren wir in den Herbstferien verreist. Natürlich mit der Bahn, weil nur da die Kinder freien Auslauf während der Fahrt haben. Wir kommen müde und erschöpft aus Brüssel zurück, als mir unser Nachbar Herr Brauner einen Stapel Briefe in die Hand drückt. Er hält sich eine Hand vor. „Frau G., Sie hatten einen supergeilen Katalog in Ihrer Post, darf ich ihn mir ausleihen?“ Ich grüble, während sich der cäsarische Unterkiefer meines Göttergatten bedrohlich nach vorne schiebt. Übrigens, dieser Unterkiefer hatte neulich echte Bewunderung von der Kieferorthopädin unseres neunjährigen Juniors erheischt. Unbekümmert sage ich Herrn Brauner:„Ich schenke Ihnen den Katalog.“ Er grinst wie einst der Breitmaulfrosch im Delfin-2-Sprachstandsfeststellungs-Fragekatalog. „Danke“, sagt Herr Brauner und schließt leise die Tür hinter sich. Wieder in der eigenen Bude, durchwühle ich den Briefstapel. Oh! Fette Mahngebühren über zehn Euro, weil ich einen anderen Brief ignoriert hätte. Moment. Ich eile zu meinem Rucksack, schnappe den alten, gammligen nach im-Rucksack-vergessenen-Lachsbrötchen muffelnden Brief und reiße ihn auf. Tatsächlich, eine Rechnung. Da klingelt das Telefon. Der Anrufbeantworter ist schneller. Eine weibliche Stimme spricht aufs Band. Da fällt es mir wieder ein. Bevor wir nach Brüssel gefahren sind, habe ich fünf Manuskripte verschickt. Ich eile ins Arbeitszimmer und drücke erwartungsvoll auf den Wiedergabeknopf. Oh, nein, schon wieder kein Anruf von einem Verlag. Die Dame ist vom hiesigen Stromanbieter. Man droht uns, den Strom auszustellen. Ich bekomme Kornkreise wie bei Bauer Huber auf dem Feld in den Augen, als ich den Betrag trotz stagnierenden Blutdruckes im Brief entziffere. Die Typen wollen exakt 2.477 Euro und 23 Cent. Ich fühle, wie die Erholung von einer Woche Urlaub innerhalb von Sekunden verpufft. Die Dame auf dem Anrufbeantworter sagt, man hätte schon abgebucht und unsere Bank hätte gesagt, dass es ab sofort keine Kontobewegungen mehr gäbe. Wie aus weiter Ferne höre ich das Klingeln an der Haustür. Ich eile nach unten. Schon wieder Herr Brauner. Mein Mann winkt ihn herein. Ich wedele mit dem Brief. „Kennen Sie sich mit Nachzahlungen aus, Herr Brauner?“ Er nickt und keine zwei Minuten später stehen er und mein Göttergatte vor dem allwissenden Stromschaltkasten im Keller. Schritt für Schritt gehen sie alle Kabel durch. Bis eines übrig bleibt. Sie verfolgen die Spur des Kabels, quer durch den Flur, durch zehn Vorratskeller und landen schließlich in der gemeinsamen Waschküche. Herr Brauner wird blass. „Ich glaube, ihr zahlt Strom für ALLE Waschmaschinen.“ Herr Brauner, auch Hausmeister unseres Mehrfamilienhauses schlussfolgert scharf. „Drei Mietparteien haben vor zwei Monaten gewechselt, von Single zu mehrköpfigen Familien.“ Er kratzt sich am Kinn und meint trocken: “Die neue Familie im Erdgeschoss hat fünf Kinder, die im zweiten Stock drei und die dritte hat sieben Verwandte seit Monaten zu Besuch.“ Herr Brauner schreibt mit Bleistift auf die Wand der Waschküche. „Das wären elf Erwachsene und acht Kinder. Für die habt ihr die Stromrechnung bekommen.“ Ich sehe wahrlich düstere Wolken am Schwanensee. Und ich habe kein dekoratives Ballettröckchen mehr. „Und nun?“, blicke ich meinen Göttergatten fragend an. Herr Brauner schraubt tatkräftig die Sicherungen raus. „Anrufen.“ Wir werden Zeuge, wie unser Nachbar mit seiner radiomoderatorengleichen Stimme beim Stromanbieter für uns anruft. Die Dame vom Callcenter steht zum Glück drauf. Um kurz nach sieben klingelt bei uns ein verschlafener Latzhosen-Handwerker. Mein Göttergatte erklärt und erklärt. Aber der Handwerker schüttelt immer wieder nur den Kopf und gähnt herzhaft. „Da kann ich nichts machen.“ Herr Brauner eilt als seelischer Beistand hinzu. Geheimnisvoll hält er etwas hinter seinem Rücken fest. “Meine Frau sagt, sie hätte jemand im Katalog erkannt.“ Er drückt mir den Katalog in die Hand. Als dem schon wieder gähnenden Handwerker beim Betrachten des Kataloges der Unterkiefer stehen bleibt, drücke ich ihm den Dessouskatalog aufgeschlagen in die Hand. Seine Augäpfel rotieren. „Sind Sie das?“ Jetzt ist mir nichts mehr peinlich. „Ja, glauben Sie als Autorin braucht man keine lukrativen Nebenjobs?“ Mein Göttergatte schaut wissend, Herr Brauner blickt zusammen mit dem Handwerker anerkennend. „Autorin ist anscheinend ein interessanter Beruf“, meint schließlich Herr Brauner. Ich beiße auf meiner Unterlippe herum. Ich habe mich entschieden. Ich frage den lüsternen Handwerker, der nun hellwach aus der frechen Latzhose blickt und deute dabei auf die Abbildung. „Würden Sie denn die Sache regeln, wenn ich...?“ Mein Göttergatte ist wie vom Donner gerührt. Ich flüstere ihm zu. „Denk dran, es geht um exakt 2.477 Euro und 23 Cent.“ Aber in den heutigen Zeiten muss man sehen, wo man bleibt, vor allem als Autorin. Fünf Minuten später stehen wir alle vor dem Stromkabelkasten. Der Handwerker knipst freudestrahlend das dubiose Kabel zu den Anzapfern durch. Der schlaue Herr Brauner greift nach den unbeaufsichtigten Bierdosen. Ich seufze, Männer sind doch Kinder. Oh, da fliegt tatsächlich die Mahnung der Stromrechnung, zerrissen in feinste Schnipsel, von dem kooperativen Handwerker. „Wer will noch ein Bier?“ frage ich in edlem Schwarzspitzen-BH mit löchrig feinem Tanga-Slip und wedle mit einer gekühlten Bierdose. Freudestrahlend nimmt mein Göttergatte sie entgegen. Ich wusste doch, dass mir dieser Nebenjob mal nützlich sein wird.

Samstag, 16. Mai 2015

Cinderello - ein Gedicht

Du bist mein Cinderello
Ich liebe es, wie zart und vorsichtig Du die Gläser und die Teller anfasst
Du bist mein Cinderello
Ich liebe es, wie Du das formvollendete Bügeleisen über die zerknitterte Baumwolle gleiten lässt
Du bist mein Cinderello
Ich liebe es, wie Du das widerspenstige Gemüse liebevoll klein hackst
Du bist mein Cinderello
Ich liebe es, wie Du den müden Kindern eine Geschichte vorspielst
Du bist mein Cinderello
Ich liebe es, wie Du den röhrenden Staubsauger durch die Gegend schwenkst
Du bist mein Cinderello
Ich liebe es, wenn Du die Spülmaschine ausgeräumt hast.
Du bist mein Cinderello
Ich hasse es, wenn Du streikst.